Sonntag, 13. Januar 2013

ich gestehe: . . . ja, ich habe auch karikiert!

Es scheint Kräfte zu geben, denen viel daran gelegen ist, den Unterschied zwischen der christlichen und muslimischen Welt zu einem unüberwindbaren Graben werden zu lassen und einen wenn möglich kriegerischen "clash of cultures" herbei zu beschwören. So ist auch eine Vielzahl von Mohammed-Karikaturen der letzten Jahre zu verstehen, die wohl nur auf Provokation aus waren. Nicht daß ich prinzipiell etwas gegen Mohammed-Karikaturen hätte, aber ich halte es persönlich für angebrachter und weniger geschmacklos, wenn sie aus der Hand muslimischer Künstler selber entstanden wären.

Beim Umzug in ein neues Atelier fiel mir eine Mappe aus den Jahren 1970/71 in die Hände, die 18 Jesus Karikaturen enthielten und bisher nie veröffentlicht wurden. Ich habe mich heute gefragt, worum es mir damals vor über vier Jahrzehnten gegangen ist. Es mag eine gewisse religiöse Positionierung im Spiel gewesen sei und vielen dürften diese Zeichnungen blasphemisch erscheinen, aber ehrlich gesagt sehe ich auch heute weder Gotteslästerung noch eine Provokation religiöser Gefühle in diesen Bildern.


Bedeutung teilt sich immer in eine kollektiv anerkannte Symbolik und eine individuelle Funktion. Was etwas für einen selbst bedeutet, muß nicht übereinstimmen mit dem Wert, den andere darin sehen. Kunst erprobt immer auch Strategien und Denkmodelle - wie etwas zu sehen ist und wie es verändert werden kann. So ging es mir bei dieser Serie auch nicht wirklich um Jesus oder das offizielle Bild der Kirche, sondern einfach darum, wie ein Mensch der siebziger Jahre sich seinem Schicksal stellen konnte. Das Bild des Gekreuzigten ist für Nichtchristen nicht nur unverständlich, sondern ähnlich einem paradoxen Koan im Zen-Buddhismus auch ein Ärgernis, das schwer zu ertragen ist.